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“Musik & Empowerment” – A book presentation

On 19th October we held a panel discussion on our new GMM yearbook “Musik & Empowerment”, edited by Michael Ahlers, Lorenz Grünewald-Schukalla, Anita Jóri and Holger Schwetter. The event was hosted in the backyard of Echo Bücher, a book store with a special focus on electronic music and sonic arts. The store used to be in Wedding (Berlin), but this year it was relocated to the legendary record store Hard Wax in Kreuzberg.

From left to right: The authors Mine Welzel, Desirée Blank, Laurene Frey, Katja Brunkhorst and host/editor Anita Jóri.

Four authors of the book accepted our invitation to the panel discussion: Désirée Blank, Katja Brunkhorst, Laurena Frey and Mine Wenzel were the panelists and the discussion was moderated by Anita Jóri. 

The volume “Musik & Empowerment” deals with the connection between music, business and empowerment. Empowerment is understood as the possibility of becoming visible for marginalized or relatively powerless groups. The book discusses different questions of power and exclusion in music cultures and business. How do these power relations look currently? How were they historically? Can it still be assumed that participation in group processes alone is already an essential motor for the emergence of a sense of empowerment? Or, from an individual perspective, is it more about giving individuals more control over their lives? Both aspects are highlighted by different contributions in this book and we also discussed them at this event.

The discussion started with short presentations by the panelists on their chapters in the book.  

Katja Brunkhorst asked how and what women in (punk)rock write (about) themselves and their experiences in such a traditionally male-dominated scene. Being a 40+ woman “still” singing in a rock band herself she also addresses the invisibility of older women in popular culture. She focused on the question of what needs to be done today to challenge and change that status quo towards true empowerment.

Désirée Blank and Laurena Frey demonstrated their survey that examines the perception of gender equality of employees, musicians and other members of the music industry in Mannheim. Their analysis is the first step in acquiring a broader picture of gender (in-)equality in the industry. They also delivered new approaches that can be reviewed in future examinations.

Mine Wenzel digged into the potentials of techno and club cultural scenes for queer, especially trans*identification and life realities. Mine, a trans*nonbinary person themselves, understands her*self as part of the research and offered an inside perspective as musician* and consumer*, by including their own records of recollection as well as interviews with fellow queer participants of the researched scene. Their presentation prevented a breakdown of contemporary, anti-diagnostic, self-determined definitions of gender, sex and gender identity and looks for points of resonance for these lived realities within techno-based music scenes.

After these short presentations, the panel discussed two possible levels of empowerment: community-based empowerment and the individually created empowerment as such. All participants expressed their opinion on the importance of networks and communities that can be empowering for their participants. They all agreed on the power of these organizations that also create safe spaces for marginalized groups. As soon as individuals are empowered by such communities, they are able to bring that collected knowledge and experience into their individual lives and adapt them in their own ways.

It was a very lively and sometimes passionate discussion about highly important topics that are oftentimes excluded from research on music business and culture.

Hereby, we would like to thank the active participation of the panelists and the audience of this event. Also, big thanks to David Armengou from Echo Bücher who kindly hosted us on this warm late summer evening. We hope to continue this fruitful collaboration.

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Veranstaltungsbericht “Solutions for a more equal electronic music scene and business” – re:publica Panel zu Frauen in der elektronischen Musikwirtschaft

Wie können wir den Geschlechterungleichheiten in der elektronischen Musikszene begegnen? Welche Lösungen bieten sich an, und wie können wir sie implementieren? Diesen Frage stellte sich auf der diesjährigen re:publica ein von der Gesellschaft für Musikwirtschafts- und Musikkulturforschung e.V. (GMM) präsentiertes Panel. Auf der ‘Stage L1’ in der STATION Berlin, ein Raum des alten Postbahnhof an der Luckenwalder Straße (Berlin-Kreuzberg), dessen blanke Betonwände mit den re:publica Farben ausgeleuchtet waren, kamen fünf unterschiedliche Perspektiven auf das Thema “Solutions for a more equal electronic music scene and business” zusammen.

Christine Kakaire, Journalistin und Beraterin mit internationaler Karriere in der elektronischen Musikszene, moderierte das Panel, das mit Anita Jóri, Linguistin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität der Künste, Désirée Vach, Gründerin des Labels Snowhite Records und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Verbands Unabhängiger Tonträgerunternehmen (VUT), Camille Darroux, DJ und Gründerin der Mimosa Agency sowie Thomas Vorreyer, Chefredakteur bei THUMP besetzt war.

Den Diskutierenden ging es nicht darum erneut zu klären, ob es überhaupt Ungleichheiten in der Szene gibt, und ob diese immanent seien. Stattdessen bot Christine Kakaire in Ihrem Eröffnungsstatement sehr deutliche Zahlen an: Nur 14% der Britischen PRS identifizieren sich als Frauen während die Top 100-Liste von Resident Advisor lediglich weibliche 14 DJs enthält. Hierzu veröffentlichte die Gruppe Female Pressure weitere Zahlen. Im Anschluss befragte sie daher die Panelist_innen direkt ihren Perspektiven und Ideen für mögliche Lösungsschritte.

Im Verlauf des einstündigen Panels arbeitete sie verschiedene Strategien heraus. So hielten die Panelisten es für wichtig, dass man selbst Verantwortung übernehme und ‘accountable’ bleibe. So erklärte Thomas Vorreyer, dass er eigene Statistiken darüber führt, wie divers die Berichterstattung und auch das Netzwerk der Journalist_innen ist, die für THUMP arbeiten. Seine Aufzeichnungen ermöglichen es besser zu koordinieren, wer, wie, worüber schreibt, und dass so ausgewogenere Perspektiven bei gleichzeitig diverseren Themen abgebildet werden können. Désirée Vach betonte, dass Frauen in der Musikwirtschaft darauf achten sollten, Bewerberinnen, die sich auf Stellen für Assistent_innen bewerben, auch stärker für Führungspositionen zu berücksichtigen. Auch die Etablierung von Quoten, wie z.B. im Booking weiblicher Musikschaffender sei eine Möglichkeit, der Anita Jóri jedoch nicht unkritisch gegenübersteht. Viele weibliche DJs wollten nicht “die Quotenfrau” eines Line-ups sein, sondern tatsächlich ernst genommen werden.

An bestehenden Rollenmodellen und Ausbildungsmöglichkeiten könne gearbeitet werden. So machte sich Camille Darroux dafür stark, dass DJ-Workshops oft gänzlich von Männern für Männer konzipiert werden, und dass es Räume bräuche, in denen Frauen mit Musiktechnologie experimentieren können. Das sei aus wissenschaftlicher Perspektive auch schon sehr früh nötig, so Anita Jóri, denn der Zugang zu Technologie wird bereits in der Kindererziehung gegendert. Man dürfe daher elektronische Musik nicht als getrennt von anderen gesellschaftlichen Bereichen sehen und müsse Mädchen bereits früh einen offeneren und kompetenten Umgang mit Musik und Technologie ermöglichen.

Auch im Bereich der Medien und der Repräsentation wurden einige Positionen formuliert. So sei es wichtig, dass gerade öffentlichkeitswirksame Persönlichkeiten antisexistische Postionen übernähmen und diese in der Öffentlichkeit diskutierten. Ebenfalls zentral sei, dass die Medien der Szene ihren Content nicht den Online-Sphären überlassen, sondern die Aktivitäten um ihre Inhalte aktiv moderieren, bspw. wenn sich anti-emanzipatorische Diskussionen ergeben.

Mit diesen Ansätzen verknüpft sei immer auch die Ausbildung eigener Strukturen. Désirée Vach berichtete vom Netzwerk für Frauen in der Musikwirtschaft, einem Mentoring-Programm, das sie mitentwickelt hat und das den “weiblichen Nachwuchs mit erfahrenen Branchenkennerinnen zusammenzubringen” will. Auch Camille Darroux spricht sich dafür aus, solche Netzwerke zu gründen und auszubauen und mit Female-Partys und -Gigs zu verknüpfen. Hierbei sei es jedoch wichtig, eine positive Identität und Atmosphäre aufzubauen und keine ablehnenden Female-Only Strukturen zu entwickeln.

Ob und wie konsumatorische Aktivitäten eine Lösung sein könnten, blieb offen. So überlegte Thomas Vorreyer, ob es nicht möglich sei “die Daten zu beeinflussen”, indem man Male-Only-Labels boykottiere oder die eigenen Playlisten bei Spotify stärker mit weiblichen Akteurinnen bestückt, um die Empfehlungs-Algorithmen zu trainieren.

Christine Kakaire arbeitete diese unterschiedlichen Perspektiven gekonnt aus den diversen Hintergründen der Panelist_innen heraus. Auf ihre abschließende Frage, ob mit den beschriebenen Strukturen und den feministischen Gruppen der Szene nicht schon viel geschafft sei, wusste Anita Jóri zu sagen: “Berlin ist mit seinen sexismussensiblen Netzwerken und Gruppen ein besonderer Ort. Außerhalb von Berlin ist jedoch noch viel zu tun.”

Eine Aufzeichnung des Panels kann hier angesehen werden:

https://www.youtube.com/watch?v=kpMpYFuLUUY